Montag, 31. Dezember 2007

Der innere Schatten

Zwischen dem Aberglauben und der Religion zu unterscheiden, das ist etwas für Analysten. Und Egomanen. Bis zur Recht- (und damit nötigerweise Falsch-) gläubigkeit ist es da nicht mehr weit. Viel größer ist der Graben zwischen jenen, die sich via Glaube (aller Art) ganz offen über manche Unerklärlichkeit hinweg helfen und jenen, die die Panik umtreibt, damit das sichere rationale Ufer zu verlassen.

Dass die offensichtlichen Beispiele ins dunkle Gefilde führen, dürfte schon ein Fingerzeig sein, doch der Reihe nach: Wenn Bergleute einen Tunnel in den Berg bohren - egal zu welchem späteren Zweck - dann vertrauen sie nicht nur auf die anerkannten Methoden des bergmännischen Vortriebs. Ein Tunnel braucht eine Patin. Diese Patin leiht ihren Namen dem Tunnel aus - zumindest für die Bauzeit. So hieß etwa der Tunnel Alte-Burg Claudia-Tunnel (nach der seinerzeitige CDU-Bundestagsabgeordneten Nolte) und der Tunnel Rennsteig Christiane-Tunnel (nach der Frau des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Männer kommen nicht in Frage. Denn die Frauen repräsentieren in diesem Amt die irdische Stellvertreterin der Heiligen Barbara.

Legenden berichten, dass dieses Mädchen sich nicht, wie vom Vater gewünscht, mit einem reichen Mann verheiraten ließ, sondern sich statt dessen einer kleinen Gruppe Christen, die damals in ständiger Angst vor den kaiserlichen Christenverfolgern im Verborgenen lebten, zuwandte. Daraufhin ließ ihr Vater, ein Christenhasser, sie geißeln und hinrichten. Auf dem Weg ins Gefängnis soll sich ein Kirschzweig im Kleid der Heiligen verfangen haben, der bei der Hinrichtung in voller Blüte stand.

Barbara gilt auch als Patronin der Bergleute, da eine Legende besagt, dass ein sich öffnender Felsen Barbara auf der Flucht vor ihrem Vater zunächst Schutz geboten habe. Vielerorts wird am 4. Dezember für jedes Kind ein Zweig geschnitten und mit Bändern geschmückt.

Den Bergleutebrauch ist das eine. Aber wie erklärt einer seinen aktuellen Fortbestand? Und zwar über die Tradition hinaus?

Vor wenigen Wochen, Anfang November, stahlen Unbekannte die Statue der heiligen Barbara in Gehren. Dort graben Tunnelbauer eine Spirale in den Berg. Die Bergleute können zwar alle Regeln des Arbeitsschutzes anwenden, der Berg aber antwortet gelegentlich ungefragt. Und wer drückt ein subjektives Angstgefühl nieder, das von dieser Unberechenbarkeit herrührt? Kein Wunder, dass die Bergleute neulich den Barbara-Diebstahl nicht auf die leichte Schulter nahmen. Die Statue war in einem rituellem Akt geweiht worden, die Patin Angela Rocktäschel offiziell ins Amt eingeführt. Und nun?

Die Bergleute besorgten schleunigst eine neue Figur, die Patin führte sie erneut durch die Stollen und nunmehr steht Barbara an einem Platz, an dem sie schlecht zu stehlen ist - im Berg selbst.

Der Geschichten sind noch einige: So geschehen am Alte-Burg-Tunnel: Patinnen sind eigentlich gehalten, sich öfter bei ihrem Tunnel blicken zu lassen. Dass der Berg übel nimmt, wenn das nicht passiert, zeigte er am 30. Juni 1999, als die Mineure von unten her einen - im Mittelalter notdürftig zugeschütteten - Bergwerksstollen erreichten, der in keiner Karte verzeichnet war. Der sich sonst stauende Regen konnte jetzt nach unten ablaufen und verschüttete mit Getöse einen Teil der Vortriebsröhre. Nur Minuten, nachdem die Bauleute - aus einem Gefühl heraus - das Feld geräumt hatten.

Vom großen Nachbar Rennsteig-Tunnel sind solche Dramen nicht überliefert, allerdings wurde er - je nach Lesart um einiges später fertig. Auch hier irgendetwas nicht in Ordnung an den Barbara-Regeln? Die Tunnelpatin Christiane Herzog starb am 19. Juni 2000, drei Jahre vor Bauende.

Wann immer einer die Elle der Kausalität anlegt, wird er Beweis und Gegenbeweis in vergleichbarer Anzahl finden. Statistiker scheitern grandios, wenn sie etwa dem Volke erklären wollen, dass gerade dann, wenn ein Jackpot besonders voll ist, die Wahrscheinlichkeit eines Gewinnes - wie hoch auch immer - deutlich sinkt. Und so bleibt es die ewige Suche im eigenen Inneren nach den hinreichenden Grund des eigenen Daseins, die einen zu ganz persönlichen "Marotten" animiert. Aberglaube ist nichts weiter als ein Ausdruck davon. Dass er öfter als einmal vorkommt, ist eher ein Zeichen für den - mit Verlaub - Herdentrieb des Menschen, als einer größeren "Wahr"-"schein"-lichkeit.

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