Dienstag, 27. Februar 2007

Indizien für eine diffuse Ahnung

Vorurteile halten sich auchdeswegen so lange, weil sich ihres Charakters wegen keiner die Mühe macht, sie erforschen zu wollen.
Keiner? Das stimmt so nicht ganz...
Da schreibt SPON einen Tag vor dem Meteorologenfrühling:

WETTER-STATISTIK
Wochenenden kühler und feuchter als Werktage
Von Volker Mrasek

Pünktlich zum Wochenende wird das Wetter kühler, feuchter, weniger sonnig als unter der Woche - das haben Karlsruher Forscher jetzt erstmals offiziell bestätigt. Offenbar trommeln die Abgase des Menschen dem Wetter den Rhythmus.

Sah man nicht Hans Tilkowski des öfteren mit einem Blendschutz im Tor stehen, damals in den sechziger Jahren bei Borussia Dortmund? Oder sogar noch Norbert Nigbur vom FC Schalke 04, damals in den Siebzigern im offenen Rund des Gelsenkirchener Parkstadions? Warum eigentlich hütet heute kein Torwart mehr seinen Kasten mit der kapriziösem Sichthilfe auf dem Kopf?

Es mag an der Mode liegen, dass der Blendschutz beim Erstliga-Fußball am Samstagnachmittag verschwunden ist - aber fest steht jetzt auch: Am Samstagnachmittag braucht der Spieler ein Käppi sowieso am wenigsten. Denn ausgerechnet der Samstag ist der bewölkungsreichste Tag der ganzen Woche.

Mehr noch: Samstag und Sonntag sind im langjährigen Mittel die Tage der Woche mit dem schlechtesten Wetter. Die Niederschlagsmengen am Samstag liegen immerhin acht Prozent über dem Mittel aller sieben Tage - Wochenrekord.

Diese Erkenntnisse bestätigen eine verbreitete Weisheit unter Deutschlands Arbeitnehmern: Das Wetter wird immer pünktlich zum Wochenende schlecht. Zumindest über den Durchschnitt der Wetterstationen von 15 Jahren betrachtet. Zu verdanken ist diese Gewissheit den Meteorologen Dominique Bäumer und Bernhard Vogel von der Universität und vom Forschungszentrum Karlsruhe zu verdanken. Sie haben Messreihen von zwölf Stationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) aus den Jahren 1991 bis 2005 analysiert.

Diese Messreihen halten nicht bloß minutiös heiße Sommer und strenge Winter fest, sondern auch das Wetter nach Wochentagen. Und hier zeigt sich: Wolken, Temperaturen und Niederschlag folgen einem ausgeprägten Wochengang, der sich statistisch eindeutig nachweisen lässt. Ganz gleich ob auf Helgoland, in Aachen, Düsseldorf oder Berlin, in Karlsruhe, Konstanz oder auf der Zugspitze.

Wetter und Arbeitswoche passen nicht zueinander

In einem Beitrag für die Fachzeitschrift "Geophysical Research Letters" schreiben Bäumer und Vogel: Wichtige meteorologische Kenngrößen ticken beim deutschen Wetter im Sieben-Tages-Rhythmus.


Temperatur: Sie ist mittwochs am höchsten und fällt samstags am stärksten ab. Die Differenz beträgt im Schnitt immerhin 0,2 Grad Celsius.
Niederschlag: Der Montag ist der trockenste, der Samstag der nässeste Tag der Woche. Das gilt sowohl für die mittlere Regenmenge als auch für die Häufigkeit von Starkniederschlägen.
Wolkenbedeckung: Sie ist am Wochenanfang am schwächsten (Minimum: Dienstag) und am Wochenende am stärksten (Maximum: Sonnabend).
Sonnenscheindauer: Sie verhält sich erwartungsgemäß analog zur Wolkenbedeckung. Die Sonne strahlt dienstags im Schnitt eine Viertelstunde länger vom Himmel als samstags.

Alles in allem eine trübe Einsicht, nicht bloß für Fußball-Fans: Am arbeitsfreien Wochenende geizt das Wetter mit Wärme und Sonne. Und dieses Freizeit-inkompatible Muster ist zu allem Überfluss "im Sommer stärker ausgeprägt als im Winter", sagt Meteorologe Vogel SPIEGEL ONLINE.

Mit natürlichen Dingen kann das nicht zugehen. "Woher sollte das Wetter denn wissen, dass gerade Mittwoch ist?", sagt Vogel. Es gebe zwar Wetterzyklen, eine natürliche Sieben-Tage-Periode sei aber nicht darunter.

Das lässt nur einen Schluss zu: Der Wochenrhythmus des Menschen prägt das Wetter in Deutschland - und zwar über Luftschadstoffe. Kraftwerke, Industrie und Verkehr stoßen davon werktags deutlich mehr aus, und diese geballte Ladung macht sich dann immer am Wochenende bemerkbar.

Ozon, Stickoxide, Wirbelstürme gehorchen dem Dreckrhytmus

Abgase und Feinstaub erzeugen unter der Woche ein Gewirr künstlicher Schwebteilchen (Aerosole) in der Atmosphäre. Der dominierende Sulfatstaub kühlt die bodennahe Luft, indem er einfallendes Sonnenlicht reflektiert. Außerdem lagert sich an den Schwebteilchen Wasser an. Als Starter- oder Kondensationskeime führen diese Kleinsttröpfchen zur Bildung von Wolken.

Forscher hatten in den vergangenen sechs Jahren Schwankungen einzelner Teilchenkonzentrationen in Kanada und Kalifornien, auf Hawaii und für Stickstoff-Dioxid auch über Deutschland festgestellt. Schon 1997 wies Stefan Brönnimann von der Universität Bern nach, dass die Ozonkonzentration über der Schweiz im Wochenrhythmus schwankt. Ein Jahr später fiel Randall Cerveney von der Arizona State University ein anderer Effekt auf: Über dem Nordwestatlantik schien es periodische Muster im Niederschlag und in der Windgeschwindigkeit von Wirbelstürmen zu geben - ebenfalls im Wochenrhythmus.

Doch warum sind Wetter und Wochenende so arg aus dem Takt? Schließlich geht doch schon freitagabends der Staub-Ausstoß kräftig zurück. Warum kühle, nasse Samstage?

Bisher nur Einzelnes - jetzt kompletter Rhythmus

"Da tappen wir relativ im Dunkeln", sagt Bäumer. Die "zeitliche Phasenverschiebung" lasse sich wohl am ehesten so erklären: "Die Aerosole müssen sich größtenteils erst einmal aus Abgasen bilden, und auch die Wolkenbildung dauert ihre Zeit." Vogel sieht jedenfalls den Beleg dafür erbracht, dass der Mensch per Schadstoffausstoß nicht nur das Klima beeinflusst, sondern "auf viel kürzeren Zeitskalen auch das Wetter". Von Untersuchungsergebnissen aus China und den USA werde diese Hypothese bestätigt. "In Europa ist uns aber bisher keine Arbeit bekannt, die so viele Wetterstationen einbezieht", sagt Bäumer.

"Auf jeden Fall Hand und Fuß" hat die neue Studie nach Ansicht von Johannes Quaas vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Seine Arbeitsgruppe befasst sich intensiv mit den Wechselwirkungen zwischen Wolken und Klima. Quaas lobt, dass der Wochenzyklus jetzt für eine ganze Reihe meteorologischer Größen belegt werden konnte. Vorher sei nur Einzelnes bekannt gewesen, zum Beispiel dass der Samstag vergleichsweise nass ist. Bei der Ursachensuche tippt auch Quaas auf indirekte Staubeffekte am Himmel über Deutschland.

Deren Folgen mögen dem gemeinen Arbeitnehmer garstig erscheinen - eine Prognose für die kommenden Wochenenden lässt sich aus den Erkenntnissen zu den langjährigen Mittelwerten allerdings keineswegs ablesen. Das Wetter ist schließlich noch vielen anderen Faktoren abhängig. Vogel: "Nicht an jedem Montag bleibt der Himmel trocken!"

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